Bildung!!! Welche? Warum? Wozu?

    „Also lautet ein Beschluss, dass der Mensch was lernen muss.“ Deshalb schickte Wilhelm Busch seine beiden Hauptdarsteller Max und Moritz zu Lehrer Lämpel.

    Geblieben ist nach wie vor die Erwartung, dass Kinder und Jugendliche in der Schule etwas lernen. Aber was ist dieses „etwas“, das es da zu lernen gilt?

    „Fit for Life“ heißt die Devise – und die meisten verstehen darunter Fit for work oder Fit for Profit. „Umdenken oder untergehen!“, titelt Maximilian Probst in „Die Zeit“ vom 26. Oktober 2017 und formuliert im Untertitel „Auf der Suche nach einem neuen Bildungsbegriff: Das Ideal der Aufklärung ist am Ende – es hat den Planeten zerstört. Der Mensch muss lernen, seine eigene Freiheit zu begrenzen.“

    Probst bringt es knallhart auf den Punkt: „Der Klimawandel zwingt uns zum Umdenken, das viel weiter greift als die bildungspolitischen Phrasen von Tablets statt Tafeln und Gruppenarbeit statt Frontalunterricht.“

    Der Bundesverband der Aktion Humane Schule forderte bereits auf seiner Klausurtagung Anfang November im Jahre 1995 (!!!)

    „Wir brauchen eine Greenpeace-Pädagogik“.

    Was nützt unseren heutigen Kindern Lesen, Schreiben, Rechnen zu lernen, wenn wir Erwachsenen die Welt, in der sie einmal leben sollen, zugrunde richten!?
    Viele Jugendliche haben das längst verstanden und setzen sich aktiv ein für eine lebenswerte Zukunft und gehen dafür auf die Straße. Und wir Erwachsenen haben nichts Besseres zu tun als diese vorbildhaft agierenden Menschen zu diskreditieren, zu kriminalisieren, sie als Schulschwänzer zu diffamieren anstatt mit ihnen gemeinsam aktiv um Lösungen und Entwicklungen zu ringen, damit sie angesichts der ökologischen Katastrophe überhaupt noch eine (Um-)Welt vorfinden.

    Und wenn Prof. Dr. Axel Burow in seinem Buch „Bildung 2030“ als eine seiner Thesen formuliert „Die Schule der Zukunft ist keine Schule“ – ja, Schule muss auf die Straße, Schule muss in die Gesellschaft, damit unsere Kinder diese satt und träge gewordene Gesellschaft aufrütteln.

    Was lähmt eigentlich unser Denken und unser konsequentes Handeln und Umsetzen in der Gesellschaft so sehr, dass außer plakativen Sprüchen sich nichts Grundlegendes ändert im Bldungsbereich?

    Was ist eigentlich aus dem Slogan geworden „Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur“!? Wie wäre es denn, darauf fußend ein neues Leitbild Bildung zu entwickeln und mit Leben zu füllen.
    „Gebildet sein“, schreibt Maximilian Probst, „müsste heute heißen: sich berühren lassen von der Mitwelt, ein Verständnis des Lebensnetzes, das menschliche und nichtmenschliche Akteure fortwährend koproduzieren.“

    Satish Kumar, der Direktor des Schumacher College in Darlington, das weltweit führend in der Entwicklung eines ökologisch orientierten Bildungsverständnisses ist, formuliert es so: „Wirklich systemisches Denken führt dazu, dass ich die Umwelt, Wasser, Boden, Luft, Lebewesen praktisch als Mitwelt sehe und erkenne, dass ich mich durch ihre Vergiftung selbst zerstöre.“ Und auf die Frage wie eine Reform des Bildungswesens aussehen könnte, antwortet er: „Lernen ist mehr als ein Ansammeln von Wissen im Vorbeigehen. Wenn Bildung nur der Aufblähung des persönlichen Egos dient, reduzieren sich die Motivationsaspekte eher auf Karriere und Geld.“ Riesenschulen seien bürokratische Alpträume. „Es sollten wirkliche Gemeinschaften für Lernen und Leben entstehen.“

    Lehrkräfte haben jetzt die Chance und Verpflichtung, den Aufbruch der Jugend in der Bewegung „Fridays for future“ als Motivation für neue, demokratische Lernformen zu nutzen, in denen sich Schülerinnen und Schüler schöpferisch und selbstwirksam erleben können. Die Lehreraus- und weiterbildung muss sich deshalb grundlegend ändern. „Wer schafft unsere völlig absurde Lehrerausbildung ab, die den Referendaren den gleichen fleißigen Konformismus abnötigt, den sie später von ihren Schülern einfordern Werden?“ (Richard David Precht, 2012)

    Klar ist, die Dinge, die wir heute und in nächster Zukunft tun werden, entscheiden nicht nur wie wir in Zukunft leben werden, vielmehr noch entscheiden sie ob wir als Mensch, als Zivilisation Fortbestand haben werden. !

    „Wir sind die Architekten unserer Umwelt. Nicht die Umwelt also muss sich als erstes ändern, sondern die Art, wie wir sie wahrnehmen und auf diese Weise mitgestalten.“ (Paul Watzlawik)

    Wir haben keine Zeit mehr! Der Mensch als Vernunft begabtes Wesen muss endlich handeln: Bildung als Überlebensstrategie!

    Engelbert Schmid

    Engelbert Schmid ist im Vorsitz von Aktion Humane Schule e.V., Schulamtsdirektor im Ruhestand und 2. Vorsitzender im Forum Bildungspolitik
    Er sagt über sich selbst: „Ich bin ein unermüdlicher Kämpfer für eine humane Schule.“

    Engelbert Schmid

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