Freigabe des Elternwillens beim Übertritt

    Offener Brief an Kultusminister Michael Piazolo und Staatssekretärin Anna Stolz.

    Verändern Sie Lern- und Lehrkultur an Bayerns Schulen. Ermöglichen Sie die Freigabe des Elternwillen beim Übertritt nach Beratung durch die Lehrperson.

    Update 26.4.2020
    Die Schulen wurden zum 20.4. nicht wieder geöffnet, die Noten wurden zum 11.3. eingefroren und das Übertrittszeugnis wird am 11.5. verschickt, ohne die Note darin seit der Schließung im März beeinflussen zu können, ohne regulären Unterricht, der seit Wochen wegen der Coronakrise und wegen geschlossener Schulen nicht möglich war/ist. Die Situation für den Übertritt hat sich aus unserer Sicht deshalb verschärft.
    Bitte macht mit und schreibt an das Kultusministerium: Brief an das Kultusministerium – Freigabe des Elternwillens
    Entweder als E-Mail oder per Post verschicken

    Der Übertritt sollte zumindest in diesem Jahr NICHT von einer Note abhängig sein.
    9-11 jährige Kinder sollten auch nicht an einem Probeunterricht für Realschule oder Gymnasium Mitte/Ende Mai teilnehmen müssen. Wir empfinden das als unnötige Belastung. Ein Vorrücken auf Probe wäre eine gute wie auch einfache Alternative.

    aber lest selbst, was an die Eltern der 4. Klassen in Bayern verschickt wurde.

    Per E-Mail AN
    alle Grundschulen (per OWA)
    Zur Weiterleitung
    an die Erziehungsberechtigten
    der Schülerinnen und Schüler
    der Jgst. 4

    Darin steht unter anderem ( Schreiben an Eltern der 4. Klasse):

    (…)
    Übertrittsverfahren
    Grundsätzlich gilt:
    – Die schriftliche Information zum Leistungsstand
    – erhalten Sie von der Schule in der Woche vom 20.04. – 24.04.2020,
    – weist den Leistungsstand in den Fächern Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht (HSU) zum Stand 13.03.2020 aus.
    Probearbeiten, die bis zum 13.03.2020 geschrieben, aber erst danach herausgegeben worden sind, werden darin berücksichtigt sein.
    – Das Übertrittszeugnis
    – erhalten Sie am 11.05.2020. Eine weitere Verschiebung dieses Termins ist nicht möglich, da die notwendige Organisation für das
    Schuljahr 2020/2021 dann nicht mehr sichergestellt werden könnte.
    – enthält
    –> nur Ziffernnoten in den Fächern Deutsch, Mathematik und HSU,
    –> kurze Aussagen zum Sozial-, Lern- und Arbeitsverhalten Ihres
    Kindes,
    –> ein Beratungsangebot der Grundschule,
    –> die Durchschnittsnote aus den Fächern Deutsch, Mathematik und
    HSU,
    –> eine Aussage, für welche Schulart Ihr Kind geeignet ist.
    –> Vom 18.05. – 22.05.2020 melden Sie Ihr Kind ggf. an der Realschule
    oder an dem Gymnasium an, das es im kommenden Schuljahr besuchen soll.
    – Wenn Ihr Kind den erforderlichen Notendurchschnitt (Realschule:
    2,66, Gymnasium: 2,33) nicht erreicht hat, kann es am Probeunterricht teilnehmen. Der findet vom 26.05. – 28.05.2020 statt.
    Für das Übertrittsverfahren 2020 gilt zudem:
    – Grundlage für das Übertrittszeugnis sind die bis zum 13.03.2020 erzielten Noten.
    – Bis zur Ausgabe des Übertrittszeugnisses am 11.05.2020 besteht für
    die Lehrkräfte keine Möglichkeit mehr, schriftliche oder mündliche Noten zu machen. Die Noten für Probearbeiten, die noch vor der Einstellung des Unterrichts geschrieben wurden, erhalten Sie – soweit noch
    nicht geschehen – von der Schule (z. B. per Post oder telefonisch).
    – Die Richtwerte für die Probearbeiten sind für die Klassen, die sie noch
    nicht erreicht haben, hinfällig. Noch nicht gehaltene Probearbeiten
    können nicht mehr durchgeführt werden. Dies gilt auch für Probearbeiten, die Ihr Kind vor der Einstellung des Unterrichts evtl. versäumt
    hat.
    Wir bitten Sie um Verständnis, aber die besondere Ausnahmesituation erfordert diese Anpassungen im Übertrittsverfahren.

    (…)

    Offener Brief vom 6. April 2020

    Sehr geehrter Herr Kultusminister Piazolo und sehr geehrte Frau Staatssekretärin Anna Stolz,

    wir wenden uns heute an Sie, um Sie dazu zu bewegen, den Übertritt in die weiterführende Schule nach der 4. Klasse endlich Noten unabhängig zu gestalten. Dies kann sehr gerne, wie in vielen anderen Bundesländern auch nach Beratung durch die aktuelle Lehrperson erfolgen.

    Gemeinsam kann so der Weg für das Kind viel besser und individueller ermöglicht werden.
    Aus unserer Sicht bietet sich in diesem Schuljahr eine sehr gute Möglichkeit, dies für Bayern zu testen. Warum? Schulkinder können wegen der Corona Pandemie nun schon seit wenigstens 3 Wochen nicht mehr in die Schule. Ein regulärer Unterricht hat nicht stattgefunden. In einer Pressemittelung des Kultusministeriums hieß es, dass der Übertritt, sollten die Schulen am 20. April 2020 wieder öffnen, mit den bis zum 13.3. erzielten Noten erfolgen soll. Schülerinnen und Schüler dürfen zusätzlich noch drei freiwillige Proben mitmachen, um ggf. die Note aufzubessern.

    So wie es heute aussieht, werden Schulen am 20.4.2020 nicht regulär wieder öffnen.

    Wir fordern Sie auf: Haben Sie Vertrauen in die professionelle Beratung durch die Grundschullehrer*innen, die – befreit von wenig aussagekräftigen Noten im Hundertstelbereich – die Eltern wirklich beraten können! Entlasten Sie Familien in der Grundschulzeit, jetzt in den Osterferien und in Zukunft. Über die Vielfalt der persönlichen Stärken und Schwächen lässt sich frei und nachdenklich auch ohne Noten sprechen. Der Vergleich mit den anderen Schüler*innen der Klasse, einer zufälligen Zusammensetzung von Kindern, fällt weg. Die Individualität des Kindes steht im Mittelpunkt.

    Und nach der Coronakrise, wenn wir wieder zurück in den Alltag kommen, wären wir eine weitere Erfahrung reicher. Und Sie könnten endlich den Druck, durch den an Noten gebundenen Übertritt, den die Grundschulzeit so extrem prägt, hinter sich lassen. Sie wissen doch selbst, wie quälend diese Zeit für Kinder, Eltern und Lehrkräfte sein kann: Die Überlegungen der Eltern, wie der Übertritt erfolgreich zu schaffen sei, beginnen spätestens in der 2. Klasse. Während einige Kinder noch gar nicht verstehen, welche Bedeutung Noten haben (und bei einer entscheidenden Probe zu malen beginnen), weinen andere, wenn sie in der 3. Klasse eine Drei bekommen. Sie wissen, sie brauchen eine Zwei vor dem Komma. Laut einer Studie wird die Zeit bis zum Übertrittszeugnis für 16% der Kinder in der 4. Klasse so quälend, dass sie sich nahe der Kindeswohlgefährdung bewegt. Dieser Prüfungsdauerstress ist für Kinder in diesem Alter völlig unnötig. Wenn man dann noch weiß, dass Noten Zufallsprodukte und logisch und systemisch fehlerhaft sind, ist der notenfreie Übertritt unabdingbar. In fast allen  Bundesländern ist der Elternwille frei gegeben, und es hat in keinem Bundesland zu einem ‚run‘ aufs Gymnasium geführt, auch nicht in Baden-Württemberg wie oft fälschlicherweise zitiert wird.

    Wir fordern Sie deshalb auf. Verändern Sie Lern- und Lehrkultur an Bayerns Schulen. Ermöglichen Sie die Freigabe des Elternwillen beim Übertritt nach Beratung durch die Lehrperson.

    Mit freundlichen Grüßen
    Christine Lindner
    2. Vorstand
    Eine Schule für Alle in Bayern e.V.

    Auch Du kannst diese Forderung an das Kultusministerium richten:

    Falls auch Du der Meinung bist, dass der Übertritt nicht von einer Note abhängen soll, sondern Eltern dies nach einer Beratung durch die Lehrkraft, selbst entscheiden dürfen, dann schreibe auch Du direkt ans Kultusministerium. Wir haben hier für Dich eine E-Mail vorgefertigt. Wenn Du auf den Link klickst, öffnet sich die E-Mail mit einem vorgefertigten Text wie oben. Du kannst diesen noch ergänzen und verändern und dann in Deinem Namen an das Kultusministerium schicken. Wir sind viele, die sich diese Änderung wünschen. Mach mit: Brief an das Kultusministerium – Freigabe des Elternwillens
    Entweder als E-Mail oder per Post verschicken

    Und hier noch ein Zusatz einer Grundschullehrerin, den wir Euch nicht vorenthalten wollen und den ihr ebenfalls gerne einbauen könnt:

    Die GrundschullehrerInnen spannen alltäglich den Spagat zwischen Vergleichbarkeit der Kinder untereinander, weil ja sonst der Notenschnitt nicht zu rechtfertigen wäre, und der stets geforderten individuellen Förderung der Kinder, die ja nur Sinn macht, wenn sie danach nicht wie alle anderen bewertet werden. Diesen Spagat schließt auch der Lehrplan Plus nicht.

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