Pressemitteilung des Forum Bildungspolitik

    Eine Schule für Alle in Bayern e.V. ist Mitglied im Forum Bildungspolitik. Diese Organisation unter Vorsitz von Simone Fleischmann stellt in nachstehender Pressemitteilung heraus, dass es gerade in der jetzigen Zeit eine intensive Diskussion um Schule geben muss. Die aktuelle Lage der Schulen verrät viel darüber, was Schule in Zukunft braucht. PM Forum Bildungspolitik – In der Krise Weitblick wagen (PDF herunterladen)

    Wir wünschen uns eine Debatte darüber, was im Bildungssystem langfristig aus der Corona-Krise gelernt werden kann

    München – Das Forum Bildungspolitik in Bayern sieht die gewaltigen Umbrüche, die das Bildungssystem durch Corona erlebt als Chance für langfristige Verbesserungen in verschiedenen Bildungsbereichen. Die Vorsitzende des Forum Bildungspolitik Simone Fleischmann fordert: „Wir dürfen in einer solchen Krise nicht beim Zuschütten der auftauchenden Brandherde stehen bleiben, sondern müssen Defizite klar benennen und mutig nach vorne denken. Das Mantra, dass in jeder Krise auch eine Chance liegt, gilt auch hier.“

    München – Ob Ganztag, Integration, Inklusion, Leistungsdruck in oder Demokratisierung von Schulen, die aktuelle Krise legt all die seit vielen Jahren bestehenden Mängel verschiedenster Bereiche deutlich offen. „In Zeiten der Pandemie wird zurecht viel darüber diskutiert, wie man Schul-, Hochschul- und außerschulische Bildung jetzt organisiert. Es gilt aber auch den Blick über den Winter hinaus auf das Bildungssystem in Bayern zu werfen. Was wollen wir in Zukunft als Gesellschaft für eine Bildung? Wo müssen wir besser werden? Wir sehen viele Bereiche mit Handlungsbedarf“, stellt Simone Fleischmann fest. Die 45 Mitgliedsorganisationen des Forum Bildungspolitik in Bayern haben sich mit vielen wichtigen Bereichen bereits vor Corona intensiv auseinandergesetzt und stets die notwendige Bildungsversorgung im Sinne von Chancengerechtigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe für alle im Blick. Fleischmann: „Diese Positionen können jetzt eine Orientierung für die Zukunft bieten“.

    Rechtsanspruch auf Ganztag qualitativ hochwertig umsetzen

    „Corona hat uns mehr als deutlich vor Augen geführt, dass Schule nicht nur ein Ort zum Lernen ist, sondern auch ein wichtiger Sozialraum für Schülerinnen und Schüler“, betont Stephanie Lehner, stellvertretende Vorsitzende des Forum Bildungspolitik und Mitglied der SSV München. Diese Erkenntnis dürfe man bei der Umsetzung eines Rechtsanspruchs auf Ganztag nicht vergessen. Die Mitgliedsorganisationen des Forum Bildungspolitik begrüßen einen Rechtsanspruch – sehen aber die Gefahr, dass vor Ort zu oft die finanziell günstigste Variante in der Umsetzung gewählt wird. „Die Priorität sollte aber sein, dass jedes Kind die Ganztagsbildung bekommt, die es benötigt. Der Fokus auf eine hohe Qualität in der Breite muss unser gemeinsames angestrebtes Ziel sein.“ Der Sozialraum Schule könne auch am Nachmittag für die Schülerinnen und Schüler von großem pädagogischem und persönlichem Mehrwert sein, so Lehner. Dazu gehöre auch, dass man „eine entsprechende räumliche Ausstattung vor Ort“ immer mitdenke, denn ein Schulgebäude, in dem „man sich den ganzen Tag aufhält, hat natürlich ganz andere Ansprüche, als wir es heute häufig kennen.“ Engelbert Schmid, ebenfalls stellvertretender Vorsitzender des Forum Bildungspolitik und Bundesvorsitzender der Aktion Humane Schule ergänzt: „Wichtig ist auch, dass die handelnden Personen angemessen, nach Tarif bezahlt werden. Wir erleben es grad in der Pflege oder bei Erzieherinnen und Erziehern: Wenn wir nicht anständig zahlen, finden wir auch nicht genügend gute Leute. Qualifiziertes Personal brauchen wir dringend für eine hohe Qualität auch am Nachmittag.“

    Eine gelungene und nachhaltige Integration

    „Wir erleben es gerade wieder: Menschen, die neu in Deutschland leben, werden in der öffentlichen Debatte schnell übersehen. Für eine gelungene Integration müssen Menschen sich aber als Teil der Gesellschaft fühlen. Besonders junge Menschen brauchen eine Perspektive, um sich mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten in unsere Gesellschaft einbringen zu können“, betont Simone Fleischmann. Den Mitgliedsorganisationen des Forum Bildungspolitik ist es besonders wichtig, junge Menschen nicht in ständigen Warteschleifen zu halten. Aus der Bildungsarbeit wissen die Mitgliedsorganisationen um die Bedeutung der Ausbildung für junge Menschen. Ausbildung heißt dabei aber nicht nur Berufsausbildung, sondern Grundbildungskurse, Deutschkurse, Berufsintegrationsklassen, höhere schulische Bildung (mittlere Reife, Abitur) und auch schulische Ausbildungen sowie das Studium an einer Hochschule. Deswegen fordert das Forum Bildungspolitik auch für diese Ausbildungsschritte eine Ausbildungsduldung für junge Geflüchtete sowie für die Übergangszeiten zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen. „Viel zu häufig wird jungen Geflüchteten der Weg verstellt, anstatt ihn aufzumachen. Viel zu häufig können sie ihre Potenziale und auch Kenntnisse nicht ausschöpfen und fördern, aufgrund schierer Angst nicht in Deutschland bleiben zu können“, kritisiert Engelbert Schmid.

    Inklusion endlich voranbringen

    Aber nicht nur Geflüchtete wurden nicht ausreichend bedacht. Auch Menschen mit Förderbedarf wurden nicht im ausreichenden Maße mitgedacht. Simone Fleischmann: „Manche Maßnahmen die beschlossen wurden waren so gar nicht umsetzbar. Dies liegt auch daran, dass viele Menschen spezielle Bedarfe gar nicht in der Wahrnehmung haben. Inklusion würde dies langfristig ändern.“ Diese werde in Deutschland an zu wenig Schulen umgesetzt. Im Gegenteil, es steigt der Anteil der Förderschüler in Bayern, obwohl die UN-BRK bereits seit 2009 in Deutschlang geltendes Recht ist und seit 2011 Inklusion nach Art. 2 BayEUG Aufgabe aller Schulen ist.

    Konsequent umgesetzte Inklusion benötige zusätzliche Konzepte, Ressourcen, Lehrkräfte und Gelder. (Regel-)Schulen, Lehrer und Lehrerinnen, Familien und vor allem Kinder mit Behinderung müssen entsprechend bedacht und unterstützt werden. Dies koste zwar erst einmal, langfristig werde es sich aber ökonomisch und vor allem gesellschaftlich lohnen, so Fleischmann.

    Weniger Leistungsdruck

    Die aktuelle Krise hat gezeigt, dass manche in Bayern nicht wegzudenkende Prüfungen und sogar das Sitzenbleiben sich durchaus aussetzen lassen und dadurch „trotzdem die Welt nicht untergeht“, stellt Stephanie Lehner fest. Ganz im Gegenteil könne dies langfristig zu einer Verbesserung für die Schülerinnen und Schüler führen. „Der Leistungs- und Konkurrenzdruck macht vielen Schülerinnen und Schülern schwer zu schaffen. Wenn wir den Druck langfristig reduzieren würden, hätten viele auch mehr Lust auf Lernen. Dass die Schule vorlebt, dass Lernen Spaß machen kann, fehlte mir in meiner Schulzeit komplett“, bilanziert Lehner ernüchtert. Dabei zeichnet gerade die Kindheit aus Sicht des Forum Bildungspolitik Begeisterungsfähigkeit, Lust zu lernen und Offenheit für Neues aus. „Reduzieren wir den Leistungsdruck, kommen diese Eigenschaften auch wieder mehr zum Tragen“, stellt Engelbert Schmid fest. Bildung endet nicht mit dem Schulzeugnis. Bildung für alle ist vielmehr eine der wichtigsten Herausforderungen einer modernen Gesellschaft. Der außerschulischen Bildung kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, wenn es darum geht einen Zugang zu Bildung für alle zu ermöglichen: Frei von Leistungsdruck Bildungsbedürfnisse zu wecken und jenen einen Weg aufzuzeigen, die bislang noch zu wenig von Bildung profitiert haben. “Niemand soll zurückgelassen werden!“ fordert das Forum Bildungspolitik in Bayern.

    Demokratiebildung in allen Bildungsbereichen stärken

    Simone Fleischmann: „Unsere Gesellschaft wird durch Bürgerinnen und Bürger getragen, die freiwillig im Sinne der vereinbarten Regeln handeln. Corona offenbart auch dies in aller Deutlichkeit: Wenn keiner mitmacht, bringen die Regeln gar nichts und das Virus kann sich unkontrolliert ausbreiten. Haben wir aber Bürgerinnen und Bürger, die solidarisch mitdenken und –handeln, dann geht es.“ Orte, an denen man gesellschaftliche Partizipation lernt und Teilhabe erfährt, sind nach Auffassung des Forum Bildungspolitik Schule, Hochschule und die außerschulische Bildung, wie z.B. Volkshochschulen. Insbesondere in Schulen sollte sich dieser Bildungsanspruch nicht nur auf Selbstverwaltungsbereiche in einer ansonsten weitestgehend hierarchisch strukturierten Institution beschränken. Dadurch lernen Schüler*innen, dass ihre Partizipation vielfach eingeschränkt ist und ihre Wirkmacht an etablierten Strukturen endet. So kann nach Einschätzung der Mitgliedsorganisationen Demokratiebildung ihre intendierte Wirkung nicht entfalten. „Vielmehr müssen wir Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, die Gestaltung und Weiterentwicklung ihrer Schule verantwortlich mitzugestalten. So lernen Kinder und Jugendliche früh mündige Bürgerinnen und Bürger zu werden und Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen. Das sehen wir als eine wesentliche Aufgabe von Bildung – wo es aktuell in Bayern große Defizite gibt“, kritisiert Engelbert Schmid. Corona ist noch nicht vorbei und wird die Gesellschaft noch weiter beschäftigen. Dennoch ist es dem Forum Bildungspolitik in Bayern ein Anliegen, Erlebtes und Gelerntes aus den letzten Wochen und Monate auch konstruktiv nach vorne zu richten und langfristige Anliegen nicht aus den Augen zu verlieren. „Ein Blick nach vorne hilft auch ein bisschen, sich nicht in den tagesaktuellen Krisen zu verlieren“, betont Simone Fleischmann.

    Zum Forum Bildungspolitik zählen diese Organisationen:

    l Akademie für Ganztagsschulpädagogik (AfG) l Aktion gute Schule e. V.l Aktion Humane Schule Bayern l Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns (AGABY) l Arbeitsgemeinschaft der Elternverbände Bayerischer Kindertageseinrichtungen e. V. (ABK) l Bayerischer Elternverband e. V. (BEV) l Bayerischer Jugendring (BJR) l Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e. V. (BLLV) l Bayerischer Volkshochschulverband e.V. (bvv) l Bund der Deutschen Katholischen Jugend – Bayern (BDKJ) l Bündnis zur Erneuerung der Demokratie (BED) l Dachverband Bayerischer Träger für Kindertageseinrichtungen e.V. (DBTK) l Deutscher Caritasverband Landesverband Bayern e. V. l Deutscher Familienverband – Landes­verband Bayern e. V. (DFV) l Deutscher Gewerkschaftsbund, (DGB), Bezirk Bayern l Deutscher Kinderschutzbund – Landes­verband Bayern e. V. (DKSB) l Eine Schule für Alle – in Bayern e. V. l European Democratic Education Community (Eudec) l Fachverband für Kunstpädagogik, BDK e. V. l Gemeinsamer Elternbeirat für die Grundschulen der Landeshauptstadt München (GEB GS) l Gemeinschaft Evangelischer Erzieher in Bayern e.V. (GEE) l Gesamtverband Evangelischer Erzieher und Erzieherinnen in Bayern e. V. (GVEE) l Gesellschaft macht Schule gGmbH (GmS) l Gewerkschaft Erziehung und Wissen­schaft – Landes­verband Bayern (GEW) l Grundschulverband – Arbeitskreis Grundschule e. V. – Landesverband Bayern (GSV – AKG) l InitiativGruppe – Interkulturelle Begegnung und Bildung e. V. (IG) l Institut für Zusammenarbeit im Erziehungsbereich (IFZE) l JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis l Landesarbeits­gemeinschaft Bayerischer Familienbildungsstätten e. V. l Landesarbeits­gemeinschaft Bayern Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen e. V. l Landesarbeits­gemeinschaft der Freien Waldorfschulen in Bayern e. V. l Landes-ASten-Konferenz Bayern (LAK) l LandesschülerInnenvereinigung Bayern e. V. (LSV) l Landesverband Bayerischer Schulpsychologen e. V. (LBSP) l Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. Bayern (LVL) l Landesvereinigung Kulturelle Bildung Bayern e. V. (LKB:BY) l Montessori Landesverband Bayern e. V. l Netzwerk Ganztagsbildung l Netzwerk Inklusion Bayern e.V. l PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband, Landesverband Bayern e.V.l StadtschülerInnenvertretung München l Sudbury München e. V. l Verband Berufstätiger Mütter e. V. (VBM) l Verband Sonder­pädagogik e. V. (vds)

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