Mein Kind ist faul …

    Ein Blogbeitrag von Sabine Omarow

    Wenn das Erste, das ich höre, das Wort „faul“ ist

    Manchmal rufen Eltern mich an und sagen mir: „Die Lehrer/Verwandten/… sagen, dass mein Kind faul ist.“ „Mein Kind ist faul und wird immer fauler.“  Wenn ich so etwas höre, werde ich sofort hellhörig und beginne Fragen zu stellen.

    War Ihr Kind schon immer faul?

    Hat Ihr Kind in der Schule Probleme? Wann haben die Probleme begonnen?

    Schnell wird klar, dass es um Kinder geht, die nicht immer „faul“ waren, sondern irgendwann „faul“ wurden.

    Kinder sind niemals von Natur aus faul! Und wenn sie „faul“ sind, dann hat das Ursachen. Diese Ursachen müssen erforscht werden.

    Der Begriff der Faulheit ist heute fast immer negativ belegt

    • Nach Faulheit folgt Krankheit.
    • Faulheit lohnt mit Armut.

    Allein diese zwei Sprüche sagen aus, womit in Deutschland Faulheit assoziiert wird und welchen Einfluss diese Sprüche auf die Seele der Kinder und Jugendlichen haben. Den Kindern und Jugendlichen wird so signalisiert: Du bist faul – also kann aus dir nichts werden. Du bist faul – deshalb hast du schlechte Noten. Wenn du nicht so faul wärest – hättest du bessere Noten. …

    Faulheit war während des 19. Jahrhunderts und davor ein Privileg

    Damals galt es als Glück, über Einkünfte zu verfügen, die es erlaubten, gut zu leben, ohne etwas zu tun. „Der Aristokrat, der Edle, war jemand, der nichts tat, der also total frei war. Faulheit ist demnach die Freiheit, ein Privileg zu genießen, Besitz zu haben, ohne dafür etwas tun zu müssen.“ (Zitat siehe unten)

    Die weitere Entwicklung unserer Gesellschaft führte dazu, dass Faulheit negativ bewertet wurde und wird. Faulheit oder Arbeit! Mehr gibt es heute nicht mehr. Heute ist es sogar so, dass selbst unsere Freizeit angefüllt sein muss mit Aktivitäten.

    Das hat Auswirkungen auf unsere Kinder – ihre Kindheit. „Die Schule vermittelt, dass Nichtstun nicht gut ist, moralisch nicht, psychologisch nicht, und nicht gut für die Bildung. … Für jemanden, der Ferien macht, der ein Recht auf Urlaub hat, den man dann fragt: „Was hast du in den Ferien gemacht?“ und der dann antwortet: „Ich habe nichts gemacht“ ist das eine Katastrophe.“ (Zitat siehe unten)

    Gerade aktuell vor den Ferien hören Eltern oft: „Sie müssen mit Ihrem Kind jeden Tag üben, damit es nicht wieder alles vergisst!“ Viele Eltern glauben das und suchen Übungshefte für die Ferien. Ich frage die Eltern immer: „Was halten Sie von der Idee, wenn Ihr Chef Ihnen einen Stapel Arbeit mit in den Urlaub geben will?“

    Kinder brauchen Ihre Ferien, brauchen ihr Wochenende, brauchen Zeit für sich, müssen auch mal „faul“ sein dürfen.

    Doch in unserer Gesellschaft, in unserem Bildungssystem, ist das nicht mehr vorgesehen. Leider!

    Wir können das Wort „Faulheit“ auch positiv bewerten

    Wir freuen uns, ganz einfach mal nichts zu tun. Inzwischen ist bekannt, dass gerade dieses Nichtstun gut für unsere Seele ist und für unser kreatives Denken. Erst in der Ruhe, beim Ausruhen, Untätig sein, kann unser Gehirn zur Ruhe kommen und hat Platz für Kreativität. Informationen werden in Ruhephasen sortiert und gespeichert.

    Wenn Kinder faul zu sein scheinen, hat das Ursachen

    Es ist in erster Linie also unsere Bewertung, die Bewertung der Erwachsenen, die glauben, ein Kind sei faul. Kinder sind nicht von Natur aus faul. Das Gegenteil ist der Fall. Doch was passiert mit Kindern, denen nicht sofort all das gelingt, was wir heute von ihnen fordern? Es gibt Kinder mit Entwicklungsverzögerungen, die später all das lernen können, was von ihnen verlangt wird. Aber eben später! Es gibt Kinder, die langsamer sind, die Dinge anders wahrnehmen.

    Von allen diesen Kindern wird alles zur gleichen Zeit und zu den gleichen Bedingungen abverlangt.

    Ohne Lob und Aufmunterung geben viele Kinder auf

    Wenn diese Kinder nur noch Kritik hören, nur noch daran gemessen werden, was sie alles nicht können, wenn sie also kaum noch oder gar kein Lob mehr bekommen – sind sie zunächst frustriert und entwickeln Ängste!

    Wer frustriert ist und Angst vor dem Misslingen oder dem Misserfolg hat – der wird nicht mehr experimentieren, der wird nicht mehr gut lernen können, denn Angst und Frust blockieren unser Gehirn! Die Probleme werden größer, die Noten schlechter.

    Das wiederum führt dazu, dass das Kind noch öfter zu hören bekommt, es müsse mehr lernen, sich noch mehr anstrengen… .

    Irgendwann wird es sich sagen: „Alle sagen, dass ich faul bin, also muss ich ja nichts mehr machen.“

    Am Ende führt die Anstrengungsvermeidung zu einem Leben ohne Erfolg

    Der Frust, die Angst vor Misserfolgen zerstören das Selbstbild des Kindes oder Jugendlichen. Er wird sich nichts mehr zutrauen und aus der Angst heraus sich auch nicht mehr anstrengen – es wird Anstrengungen vermeiden und nach außen hin als faul erscheinen.

    Das sieht dann so aus, dass das Kind keine Hausaufgaben mehr machen möchte, es regelmäßig zum Streit deswegen kommt, dass das Kind nicht mehr lernen möchte und im extremen Fall die Schule ganz verweigert.

    Faulheit ist die Furcht vor bevorstehender Arbeit. Marcus Tullius Cicero

    So gesehen ist die Faulheit die Furcht vor schlecht bewerteter Arbeit, Arbeit ohne Lob, Arbeit ohne Selbstvertrauen und Überforderung.

    Unsere Kinder sind voll und ganz von unserem Urteil abhängig. Sie können sich noch kein eigenes Urteil über sich selbst bilden. Sagt man Kindern oft genug, dass sie faul oder gar dumm seien, dann werden sie das irgendwann glauben, verinnerlichen und schließlich so leben.

    Zitate aus: Faulheit – Todsünde oder Tugend? André Rauch im Gespräch mit Michael Magercord Deutschlandfunk

    Sabine Omarow

    Sabine Omarow

    Jedes Kind und jeder Mensch will von Natur aus lernen!

    Wenn ein Kind nicht lernen will, hat das Ursachen!

    Ich bin eine betroffene Mutter. Als meine Tochter in die Schule kam, stellten sich bereits nach 2 Wochen große Probleme in Deutsch und Mathe ein. Ein Leidensweg begann, auf dem ich viele Jahre nach Hilfe und Unterstützung suchte. Ich las alles, was es zu dem Thema gab und besuchte Fortbildungen für Lehrer, obwohl ich keine Lehrerin war.

    Als meine Tochter die 10. Klasse besuchte, war ich arbeitslos, aber angefüllt mit Wissen über die Lese-Rechtschreib- und Rechenschwäche. Ich beschritt einen neuen Weg – studierte Psychologie und wurde über ein Fernstudium Legasthenietrainerin.

    Seit 2003 war ich in Berlin selbstständig und betreute bis 2016 zuletzt 98 Schüler in zwei Praxen. Seit August 2016 lebe und arbeite ich in Paderborn.

    In der Zeit, als ich meine Tochter begleitete, erkannte ich, dass es nicht eine Methode, nicht DIE Methode geben kann. So verschieden die Kinder sind, so vielfältig müssen die Methoden sein, mit denen man den Kindern helfen möchte.

    Ich entwickelte eigene Lernmaterialien, viele Lernspiele und ein eigenes Lern-System, das SINN-System. Es ist ein offenes System, denn es kann immer wieder mit Neuem bereichert werden.

    Inzwischen bereite ich den 4. LRS-Kongress, Onlinekongress vor, in dem es natürlich um das Lernen geht, vor allem darum, wie das Lernen leichter gelingen kann.

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